Inklusiver Unterricht
Voraussetzungen für inklusiven Unterricht
Art. 2 Abs. 2 BayEUG legt fest: Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen.
Die gemeinsame Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf schafft eine positive Lernumgebung, die sowohl Lehrkräften als auch Schülern und Schülerinnen ein Gefühl des Wohlbefindens vermittelt und den Lernprozess erleichtert.
Damit ein inklusiver Schulalltag gelingen kann, bedarf es vor allen Dingen einer inklusiven Haltung der gesamten Schulfamilie. Diese ist geprägt von Offenheit, Wertschätzung für Vielfalt und einer gewissen Zuversicht. Aus Haltung entwickeln sich Handlungen.
Die sinnvolle Umsetzung folgender Aspekte ermöglicht und erleichtert den Erfolg eines inklusiven schulischen Alltags. Die Aufzählung ist nicht abschließend.
- Schnuppern als Vorbereitung ermöglichen
- Schweigepflichtsentbindung (z. B. zusätzliche Dokumente aus dem Schullaufbahnbogen)
- Austausch abgebender Einrichtung mit der folgenden
- Angebote einer Schulhausführung
- Gute Kommunikation mit den Erziehungsberechtigten
- Schaffung eines reizarmen Sitzplatzes
- Positionierung der Schulbegleitung im Klassenzimmer
- Vereinbarungen mit Schulbegleitung
- Organisation von Hilfsmitteln zum Nachteilsausgleich im Klassenzimmer (z. B. FM-Anlage bzw. Soundfield-Anlage)
- Vereinbarungen für Ruhezonen treffen
- Regelmäßiger Klassenrat für ein soziales Miteinander
- Offenheit gegenüber neuen Formen des Unterrichts, z. B. Team-Teaching
- Kontinuierliche Reflexion des eigenen Handelns, z. B. auch durch kollegiale Hospitation oder kollegiale Fallberatung
- Aufbau verlässlicher Beziehungen
- Schaffung eines wertschätzenden, angstfreien Unterrichtsklimas
- Klarheit und Struktur im Unterricht
- Pädagogische / didaktische Professionalisierung, v. a. durch Fortbildungen
- Unterstützung durch / Zusammenarbeit mit Lehrkräften der Sonderpädagogik
- Kooperation im Rahmen Multiprofessioneller Teams bei unterschiedlichen inklusiven Fragestellungen
- Förderplanung bei lernzieldifferentem Unterricht und ggf. für weitere Schüler und Schülerinnen
- Ausstattung, z. B. Klassenzimmer mit Nebenräumen, Barrierefreiheit
- Aktive Einbindung z. B. des zuständigen Schulpsychologen, der Beratungslehrkraft, des fachlich einschlägigen MSD
- ggf. zusätzliche personelle Ressourcen für Inklusion (Beantragung mit Stellungnahme des MSD erforderlich)
- externe Unterstützungssysteme, z. B. Schulbegleitung, medizinische Dienste, Fahrdienst
- Angebot von Ganztagesbetreuung für alle Schülerinnen und Schüler
- Vernetzung aller Beteiligten untereinander
- klare Ansprechpersonen, klare Aufgabengebiete
- Zugang zu Informationen, z. B. Unterstützungssysteme, Abläufe für Anträge, Konzepte, Förderpläne
- Eruierung / Ermöglichung von Handlungsspielräumen beim Einsatz personeller und materieller Ressourcen
- Initiierung und aktive Unterstützung eines Schulentwicklungsprozesses mit inklusiver Schwerpunktsetzung
- Wertschätzung des zeitintensiven Einsatzes der Lehrkräfte im Rahmen inklusiver Beschulung
- Verlässlichkeit im Hinblick auf Unterstützung und Rückhalt für Lehrkräfte in kritischen Situationen
- Initiierung / Angebot von Supervision (z.B. über die Staatliche Schulberatungsstelle)
- Beauftragung und Etablierung Multiprofessioneller Teams, Schaffung notwendiger Rahmenbedingungen, z. B. Beratungsräume, gemeinsame Zeitfenster
- Inklusive Netzwerkbildung in der Region und mit anderen Schulen
Prinzipien inklusiven Unterrichts
Damit sich Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf bestmöglich entfalten können, braucht es einen Unterricht, der auf ihre Interessen, Bedürfnisse und Entwicklungsmöglichkeiten eingeht und so konzipiert ist, dass nicht nur Wissen und Können vermittelt, sondern auch Herz und Charakter gebildet werden.
Eine Studie belegt (ScienceDirect), dass Lehrkräfte, die inklusiven Unterricht praktizieren, die soziale und emotionale Kompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler fördern. Diese Fähigkeiten wirken sich positiv auf den schulischen Erfolg aus und schützen vor Mobbing (ISB).
Guter Unterricht ist die Voraussetzung für nachhaltiges Lernen und eine Hauptaufgabe von Schule. Jedes Kind hat ein Recht auf guten Unterricht. Dabei gibt es verschiedene Ansätze für die Bewertung von Unterrichtsqualität (vgl. z.B. Hilbert Meyer oder Andreas Helmke), die jedoch in unterschiedlicher Nuancierung ähnliche grundlegende Kriterien aufführen. Zu diesen gehört oft eine klare Strukturierung, Methodenvielfalt oder Schülerorientierung (manchmal unter classroom management zusammengefasst).
Diese Prinzipien finden ihre Anwendung selbstverständlich auch vielfach im inklusiven Klassenzimmer. Guter inklusiver Unterricht geht aber noch einen Schritt weiter: Indem er in hohem Maß eine kontinuierliche Reflexion und Evaluation der unterrichtlichen Methoden sowie des unterrichtlichen Erfolgs verlangt, ist er Motor für konsequente, den Bedürfnissen der Lerngruppe angepasste Weiterentwicklung. Guter inklusiver Unterricht nützt somit nicht nur Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, sondern allen!
Die ISB-Info Schwerpunktthema Inklusion zeigt Konzepte und Ideen für die Gestaltung des Unterrichts und für das gemeinsame Lernen.
- ermöglicht verschiedene Blickwinkel und schafft so Verständnis und Toleranz
- setzt inhaltliche Impulse durch eben diese Perspektivenübernahme
- „zwingt“ zur Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und der eigenen Haltung und entwickelt diese ggf. weiter
- schafft ein annehmendes, wertschätzendes Klassenklima für alle
- nutzt die Potenziale aller Lernenden, sodass jedes Kind, aber auch die Lehrkraft profitieren kann
- greift das Thema Behinderung im Unterricht auf
- Beispiel für eine Klasseninformation für den Einzelfall
- fordert eine Erweiterung der „normalen“ Unterrichtsdidaktik
- betont Lernen durch Handeln
- zeichnet sich durch häufigen Wechsel der Sozialformen bzw. häufige Kooperation und Zusammenarbeit aus
- schafft Raum für verstärkte Partizipation der Schülerinnen und Schüler (z.B. durch Klassenrat, Wahlmöglichkeiten bei Aufgabenstellung etc.)
- ermöglicht möglichst oft eine individuelle Progression bzw. individuelle Lernprozesse, z.B. durch Binnendifferenzierung (z.B. Lernleitern, Differenzierungsmatrix)
- gründet auf einer fundierten Diagnostik der Lernausgangslage
- anerkennt verschiedene Lerntypen und Leistungsniveaus und geht wertschätzend mit diesen um
- schließt einen erweiterten Leistungsbegriff (innerhalb der rechtlichen Möglichkeiten) nicht aus
- nutzt förderliche Ressourcen und eliminiert hinderliche Lernbarrieren
- gelingt leichter in kollegialer Zusammenarbeit / multiprofessionellen Teams sowie mit regelmäßiger Kommunikation/Absprachen aller Beteiligten (auch der Eltern)
- dokumentiert die Lernfortschritte und evaluiert die Förderziele
Qualitätsstandards inklusiven Unterrichts
- Schülerinnen und Schüler sich in ihren Interessen wahrgenommen fühlen
- Schülerinnen und Schüler Verbindungen sehen zwischen neuem Wissen und bereits vorhandenen Fähigkeiten
- Lernen im Austausch geschieht (Kooperation, Teamarbeit, Lernen durch Lehren)
- der Unterricht klar strukturiert verläuft
- Leistungserwartungen transparent sind
- die Klassenatmosphäre freundlich ist
- es keine Angst vor Fehlern gibt
- die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkraft sich und den Unterricht reflektieren
- die Lehrkraft Geduld und Humor zeigt
- Liegen sonderpädagogische Förderbedarfe vor? Welche?
- Werden die Zielsetzungen ggf. existierender Förderpläne berücksichtigt?
- Berücksichtigt der Unterricht die individuellen Zugänge der Kinder zu den Lerninhalten?
- Knüpft der Unterricht an diese unterschiedlichen Lernvoraussetzungen an?
- Fördert der Unterricht selbständiges Lernen?
- Gibt es (binnen-)differenziertes Lernmaterial?
- Ist das Klassenklima lernförderlich?
Weiterentwicklung inklusiven Unterrichts
Quick-Guides für Inklusion (Herausgeber: Landesinstitut für Schule und Medien, Berlin-Brandenburg): Die Quick-Guides sind Leitfäden, die zu einem bestimmten Thema (z.B. Einbeziehen von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung, differenzierte Aufgabenstellungen in heterogenen Lerngruppen) konkrete Praxistipps geben.
- Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen einbeziehen
- Hör mir zu! Was Schülerinnen und Schüler Lehrkräften sagen wollen
- Partnerschaften mit Eltern und Betreuern aufbauen
- Freundschaften unter allen Schülerinnen und Schülern unterstützen
- Positive Verhaltensunterstützung schaffen
- Selbstständigkeit und Selbstbestimmung
- Unterschiedlich Lernende durch differenzierte Aufgabenstellungen erreichen
- Lehrmethoden
- Alle Kinder beim Erwerb der Lese-und Schreibfähigkeit unterstützen
- Mathematikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler sinnvoll gestalten
QIK-CHECK: Qualität in inklusiven Klassen (Schulamt Wien 2013). Eine Arbeitsgruppe von Lehrkräften hat einen Katalog für Lehrkräfte erarbeitet, die in heterogenen Klassen oder Lerngruppen unterrichten. QUIK-CHECK hilft Lehrkräften ihren Unterricht zu reflektieren, er kann auch in Klassenteams und zur Schulentwicklung im Bereich Inklusion eingesetzt werden. Er enthält Praxistipps zur Unterrichtsplanung, - durchführung und – reflexion.
Auf der ISB-Homepage erhalten Sie eine Übersicht über die illustrierenden Aufgabenbeispiele der Mittelschule, die im LehrplanPLUS veröffentlicht sind.